Kolumne
Geraldine Maier ist FiT-Mitglied und war Durchdienerin im Lehrverband Genie, Rettung, ABC in der Funktion „Rettungssoldat“. Sie schrieb seit Anbeginn ihrer Rekrutenschule eine Kolumne für das „Bieler Tagblatt“ zu ihren Gedanken, Empfindungen und Feststellungen bezüglich ihrem Dienst in der Schweizer Armee. Mittlerweile hat sie abverdient und ist in die zivile Welt zurückgekehrt. Die Kolumne bleibt uns zum Glück erhalten, ihren Weg in der Armee kann man hier nachlesen. Wir danken Geraldine herzlich, dass wir die Kolumne hier für euch zur Verfügung stellen dürfen und wünschen viel Spass beim Lesen!
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Freiwillig ins Militär
Am 18. Januar bin ich mit über 300 jungen Frauen und Männern in die Rekrutenschule der Rettungsgattung in Wangen an der Aare eingerückt. Schon im Vorfeld und in den ersten paar Tagen wurde mir oft die gleiche Frage gestellt: «Wieso hast du dich fürs Militär entschieden?» Eine Frage, auf die es nicht nur eine Antwort gibt. Zugegeben, es war kein einfacher Entscheid. Viele Geschichten lösten auch in mir Zweifel, Skepsis und Abneigung gegenüber dem Militär aus. Gleichzeitig hörte ich auch immer wieder sehr positive Dinge. Ich fand es irritierend, dass die Aussagen so gegensätzlich waren. Wer hat recht? Was stimmt wirklich? Wie würde ich als Frau den Militärdienst erleben? Viele Fragen habe ich mir gestellt, Pro und Contra abgewogen, bis ich mich zu diesem Schritt entschied.
Oft hörte ich, dass die RS verschwendete Zeit, sinnlos und nutzlos sei. Bei meinen männlichen Kollegen konnte ich meistens Verständnis für ihre missbilligenden Aussagen aufbringen. Wer hat schon Freude, wenn er seinen Alltag gezwungenermassen einstellen und seine Eigenständigkeit abgeben muss? Wie kann man sich für eine Funktion begeistern, zu welcher man überhaupt keinen Bezug oder keine persönlichen Interessen hat? Ich kann mir gut vorstellen, dass für jemanden, der zwangsmässig den Militärdienst antritt, jede Minute des Wartens verschwendete Zeit und jeder Handgriff in seinen Augen an einem anderen Ort nützlicher wäre.
Ich persönlich finde es nicht fair, dass die Männer nicht dieselbe Entscheidungsfreiheit haben wie ich. Meine Motivation für diesen Dienst ist stark dadurch geprägt, dass ich die Möglichkeit hatte, den Nutzen für mich abzuwägen und keinem Zwang ausgesetzt war.
Im Ausbildungsbeschrieb zum Rettungssoldaten fand ich viele Punkte, die mich interessieren: Brandschutzbekämpfung, Trümmerhilfe, Umgang mit verschiedenen technischen Geräten, Erste Hilfe, Basics in der Selbstverteidigung zuletzt ein sicherer Umgang mit einer Schusswaffe. Diese Dinge interessieren mich, weil ich gerne einmal einen Einsatz im Bereich der Humanitären Hilfe im Ausland machen möchte. Zudem glaube ich, wertvolle Erfahrungen sammeln zu können, die mir mehr Selbstsicherheit auf zukünftigen Reisen geben werden.
Was und wie viel mir mein Militärdienst in Zukunft nützen wird, werde ich wohl erst viel später mit Gewissheit beantworten können. Falls mich mein Weg aus irgendwelchen Gründen nicht mehr aus der Schweiz führen sollte, dann war schon allein der Sporttest an der Rekrutierung eine lohnenswerte Herausforderung, die mich über meine vermeintlich körperlichen Grenzen wachsen liess. Denn für mich waren die 65 benötigten Sportpunkte für meine Wunschfunktion trotz guter sportlicher Selbsteinschätzung keine einfache Sache. Und auch das Zusammentreffen mit jungen Leuten aus der ganzen Schweiz sehe ich als tolle Erfahrung. Dass ich in meinem Zimmer Deutsch, Französisch, Italienisch und wenn nötig auch mal Englisch sprechen kann, schätze ich als weiteren Pluspunkt. So gesehen habe ich bereits jetzt sehr einiges für mich gewonnen und bin gespannt, wie‘s weiter geht.
Geraldine Maier